In der Fußballfangemeinde gab es schon immer die etwas extremeren Fans, die sich nicht prügeln wollte, aber auch diejenigen, die keine Prügel-Situation außer Acht ließen, um die Ehre ihres Vereins zu bewahren. Wenn sich Männer bei einer Festivität versammeln, sind Gewalt und Chauvinismus oftmals nicht weit entfernt. Die Hooligans der anfänglichen Generation waren ausnahmslos fanatische Anhänger diverser Vereine. Jahrelang pilgerten sie zusammen ins Stadion, bestickten mit Insignien ihre Identität und besetzen jeden Zentimeter des Stadions mit Fanartikeln. Während des Spiels sangen sie Hymnen, fieberten mit und hatten einen gemeinsamen Feind: den Schiedsrichter wegen seiner eklatanten Fehlentscheidungen sowie die gegnerischen Fans mit ihrer Selbstzufriedenheit.
Die Spaltung der Hooligans
Anfang der 1980er Jahre spaltete sich die ehemals unzertrennliche Fangemeinde. Plötzlich separierten sich die Hooligans von den Kutten und bildeten eigene Gruppierungen. Auch außerhalb des Spielverlaufs traten sie mit Gleichgesinnten des gegnerischen Vereins aufeinander und bewiesen ein für alle Mal, welches Team das bessere ist. Theorien, warum es zur Spaltung der Fangemeinde kam, gibt es viele. Es könnte die Kommerzialisierung der Vereine sein, die eine Identifikation durchaus erschwerte. Plötzlich avancierte der Fußball heraus aus seiner einfachen Rolle als Unterhaltung zu einem millionenschweren Medien-Event mit Sponsoren und Fernsehveranstaltungen. Aus Sicht des professionellen Vereinsmanagers war der Fan nur noch eine visuell notwendige Staffage. Auch die Spieler durchliefen Wandlungen, die Stars unter ihnen verdienen viel Geld, wechseln von einem Verein zum anderen. Wie soll man sich somit als Fan mit einem Verein identifizieren, wenn es nicht Mal die Spieler tun?
Gründe für die Entwicklung der Hooligans
Ein Faktor zur Ablösung der Hooligans von den Fankurven war auch die Stigmatisierung der Verhaltensweisen durch Polizei und Vereine. Bei einer Auseinandersetzung mit Bremer Fans starb ein 16-jähriger Fußballfan aus Hamburg im Oktober 1982 durch einen Steinwurf. Hinzu kommen die Ereignisse im Heysel-Stadion in Brüssel vom 29. Mai 1985, wo 39 Fußballfans zu Tode kamen und mehr als 400 weitere schwer verletzt wurden. Nach diesen Ereignissen formierten sich in allen Bundesligastädten Polizeitruppen, die nur einen Auftrag hatten: Die gewalttätigen Fans von den friedlichen zu treten. Die Hooligans sahen sich durch diese Entwicklung dazu gezwungen, mit privaten Pkws statt mit offiziellen Fanbussen anzureisen. Von Jahr zu Jahr entfernte sich die Kultur der Hooligans mehr und mehr von der der traditionellen Fankurve.
Für und gegen Gewalt
Körperliche Auseinandersetzungen zwischen Hooligans und gegnerischen Fans gibt es mittlerweile nicht mehr ausschließlich im Stadion, sie werden sogar professionell organisiert und verabredet. Wenn gerade kein Fußballspiel anstand, suchte sich ein Teil der Hooligans schnell andere Opfer. Ein Frankfurter Hooligan erinnerte sich an die damalige Zeit zurück, als man sich auf der Kaiserstraße zum „Pakis oder Neger klatschen“ traf (Buch: Mathesius, Beate: Anti-Sozial-Front. Vom Fußballfan zum Hooligan. Opladen 1992). Nach 1996 führten die körperlichen Auseinandersetzungen vermehrt zu organisierten Gewalthandlungen gegen Ausländer sowie anderen Unbeteiligten, die nichts mit dem Fußball zutun hatten. Hooligans wurden von den Medien schnell als rechtsextreme Jugendkultur eingeordnet. Diese Ansicht wurde von den damaligen Medien nur noch verstärkt. Ein Autor behauptet beispielsweise, dass es keine Ultra-Gruppe gebe, „die der Gewalt grundsätzlich abschwört“.
Vom Hooligan zum Ultras
Die Hooligans waren gestern, die sogenannten Ultras geben heute den Ton an. Entstanden in den 60er Jahren in Italien als Protestbewegung gegen die Kommerzialisierung im Fußball sind die Ultras eine noch extremere Variante der Hooligans. In Deutschland sind die Ultras erst seit Mitte der 90er Jahre aktiv. Eine derartige Szene existiert heute in jedem Verein, angefangen bei der Bundes- bis hinab zur Regionalliga. Im Vergleich zu den Hooligans organisieren sich die Ultras in Vereinigungen, haben keinen offiziellen Fanklub-Status und lassen sich auch nicht von ihrem Fußballverein finanziell unterstützen. Zudem sind die Ultras in der Regel keine dumpfen Schläger, sie sind viel mehr eine Art Elite-Anhäger. Als treue Fans sind sie nicht nur zu Hause bei jedem Spiel dabei, sondern auch bei Auswärtsspielen. Ultras definieren sich als dynamisches Gegenereignis, die nicht, wie die passiven Zuschauer auf ihrem Sitzplatz verweilen, sondern vom Sitzplatz aufspringen und Stimmung machen.
Artikelbild: © Pressmaster / Shutterstock