Bis vor wenigen Jahren gab es zwei Fronten: Auf der einen Seite standen die Versicherer sowie Vermittler von Lebensversicherungen – auf der anderen der Verbraucherschützer sowie Journalisten. Die deutschlandweite Hamburger Verbraucherschützerin Edda Castelló, die 1982 der Ansicht sei, Lebensversicherungen seien ein legaler Betrug
Mehr als 30 Jahre später hat sich in der Branche vieles getan. Eine der großen Änderungen ist der Zweitmarkt für Lebensversicherungen. Diesen gibt es bei unseren Nachbarn in Großbritannien schon lange, seit 1844 – in Deutschland ist er etwa 16 Jahre jung. Der Verkauf von Lebensversicherungen hat sich längst zu einem Geheimtipp entwickelt. Allein 2012 wurden laut der deutschen Versicherungswirtschaft steht für Risikoschutz, Sicherheit und Vorsorge (GDV) Lebensversicherungen in Höhe von 14,43 Milliarden Euro gekündigt. Im selben Zeitraum wechselten Policen im Wert von 200 Millionen Euro den Besitzer – also 1,4 Prozent des Stornovolumens.
Verbraucher stellen sich demnach berechtigterweise die Frage, ob etwas hinter diesem Geschäft steckt und ob es sich auch für sie lohnt. Die Antworten gibt es im nachfolgenden Artikel.
Welche Gründe es gibt, eine Lebensversicherung zu kündigen
Die Lebensversicherung war jahrelang das Lieblingsprodukt des deutschen Anlegers. Angesichts der niedrigen Zinsen hat sich das allerdings geändert. Seit 2008 sinken die Zinsen, fünf Jahre in folge. Experten erwarten, dass die Phase der niedrigen Zinsen weiter anhalten wird. Langfristig sorgt diese Phase für ein sozialpolitisches Problem: Es gibt nämlich kein motivierendes Umfeld für die Altersvorsorge. Genau das äußerst sich in der Zahl der abgeschlossenen Verträge sowie in dem wachsenden Zweitmarkt für Lebensversicherungen.
Wie diese Infografik von DIE WELT zeigt, kann es aber auch einen anderen Grund für den Verkauf der Lebensversicherung geben. Auffällig sind die hohen Stornoquoten in den Jahren 2003 und 2004 sowie 2008. Im Jahr 2004 zum Beispiel ging der Branchenumsatz zum dritten Mal infolge zurück. Vielen Bundesbürgern hatten mit knappen Finanzen zu kämpfen und entschieden sich für den Verkauf ihrer Lebensversicherung. Beginnend mit dem Jahr 2006 kam ein weiterer Faktor hinzu, nämlich die negative Entwicklung des Garantiezinses, der erstmals unter die Quote von 3,00 Prozent fiel. Ein weiterer Grund für Verbraucher, ihre Lebensversicherung zu verkaufen.
Vorteile für den Verkauf der Lebensversicherung auf dem Zweitmarkt
Die Idee, Lebensversicherungen auf dem Zweitmarkt zu handeln, stammt aus Großbritannien. Die Möglichkeiten, bei den Nachbarn eine angesparte Lebensversicherung zu kündigen und aus dem Verkauf einen Rückkaufwert zu erhalten, sind weitaus schlechter als hierzulande. Da die Höhe der Rückkaufwerte nicht gesetzlich geregelt ist, bleibt sie den Versicherungsunternehmen überlassen. Aus diesem Grund lohnt es sich, Lebensversicherungen auf dem Zweitmarkt zu verkaufen, anstatt sie zu kündigen.
In Deutschland sieht die Situation anders aus. Der Zweitmarkt für Lebensversicherungen ist nicht nur sehr jung, auch der Verkauf und die Gewinnchancen sind anders. Grundsätzlich sind alle Versicherte, die beabsichtigen, ihre Lebensversicherung zu kündigen, über die gesetzlichen und vertraglichen Regelungen geschützt. Ein Rückkauf der Lebensversicherungen durch den Versicherer bedeutet nur geringe finanzielle Verluste für den Versicherten. Der Verkauf dagegen kann aus steuerlicher Sicht von Vorteil sein. Seit 2009 und der damals eingeführten Abgeltungssteuer fallen jedoch Steuern in Höhe von 25 % an.
Wer sich für den Verkauf seiner Lebensversicherung interessiert, findet zahlreiche Unternehmen im Internet, die sich auf dieses Geschäft spezialisieren. Der Marktführer im Zweitmarkt für Lebensversicherungen Policen Direkt zahlt Verkäufern bis zu 15 Prozent mehr als sie bei einer Kündigung erhalten würden. Gleichzeitig erhalten Verkäufer ihrer Lebensversicherung einen Todesfallschutz.
Risiken und Hinweise beim Verkauf
Beim Verkauf der Lebensversicherung ist darauf zu achten, dass der Verkaufspreis komplett ausgezahlt wird. Seriöse Anbieter haben mit der kompletten Auszahlung kein Problem und berechnen auch keine Gebühren. Darüber hinaus geben sie dem Verkäufer der Lebensversicherung eine Rückerwerbsoption. Diese ermöglicht es dem Versicherten, seine Lebensversicherung in Zukunft zurückzukaufen, wenn er es sich anders überlegt. Schwarze Schafe dagegen haben sich in der Vergangenheit mit der Police aus dem Staub gemacht, die Versicherung gekündigt oder den Kaufbetrag nicht ausgezahlt. Versicherte sollten auch misstrauisch sein, wenn besonders hohe Renditen versprochen werden, die kein anderes Unternehmen offeriert.
Artikelbild: © Shutter_M / Shutterstock